Bei Harrison Ford auf der Couch - neue Folgen von "Shrinking"

17.10.2024

2023 veröffentlichte Bill Lawrence, Erfinder von "Scrubs" und "Ted Lasso", die neue Show "Shrinking", in der sich alles um drei Psychotherapeut*innen einer Gemeinschaftspraxis, ihre Patienten und ihr privates Umfeld dreht. Seit dem 16. Oktober läuft auf Apple TV+ im wöchentlichen Rhythmus die zweite Staffel der Reihe – Folge eins und zwei sind bereits abrufbar.  

Gleich aus mehreren Gründen wirkte das Projekt im Vorhinein sehr verheißungsvoll. Sein Schöpfer hat schließlich schon mehrere Volltreffer gelandet, "Ted Lasso" gehörte in den letzten Jahren zu den beliebtesten Shows überhaupt, unabhängig davon, ob man sich überhaupt für Fußball interessierte. Denn hier wie dort stehen überaus menschliche Figuren im Mittelpunkt, die immer unfassbar liebenswert bleiben, auch wenn sie gewiss nicht perfekt oder frei von Fehlern sind. Ganz im Gegenteil scheint Lawrence uns schon immer geradezu ermutigen zu wollen, uns selbst und anderen gegenüber zu unseren Schwächen zu stehen, offen und liebevoll miteinander umzugehen.

Wer wäre unter diesen Voraussetzungen geeigneter für die Hauptrolle des "Jimmy" als Jason Segel, der sich schon in "How I met your mother" jahrelang als gutmütiger Riese in die Herzen seiner Fans spielen durfte? Im Beruf zeigt er sich als extrem mitfühlender Therapeut, dem es jedoch schwerfällt, die dringend notwendige Abgrenzung zu seinen Patientinnen und Patienten einzuhalten – was sich letztlich oft negativ auf beide Seiten auswirkt. Privat ist er seit dem Unfalltod seiner Frau alleinerziehender Vater von Teenagerin Alice, wodurch sein Leben noch schwieriger in den Griff zu bekommen ist. Seiner Tochter Halt und Trost zu geben, wo er doch selbst seine eigene Trauerphase mehr schlecht als recht abgeschlossen hat, erweist sich als permanenter Drahtseilakt.

Unterstützung bekommt er von seiner Freundin und Kollegin Gabrielle, der ehemals besten Freundin seiner verstorbenen Frau, die Gefühle für Jimmy hat, doch nicht weiß, ob sie sich diese erlauben darf. Und als Mentor der beiden fungiert der deutlich ältere Paul, dessen raue, grantig-zynische, aber unterschwellig doch irgendwie herzliche Art Harrison Ford auf den Leib geschrieben wurde. An diesem lebhaften und mitunter turbulenten Arbeitsplatz wird sich gegenseitig offen und teils schonungslos die Meinung gesagt, und doch ist die Atmosphäre immer spürbar wertschätzend und respektvoll, so wie viele es sich von ihrem Job wünschen würden.

Bei "Shrinking" bekommen wir Dramedy geboten, wie sie sein soll. Einfühlsam wird mit sensiblen Themen wie Tod, Trauer und Verlust, Krankheit und anderen Dingen umgegangen. Nicht zu vergessen die seelischen Probleme der Menschen, die in der Praxis unserer drei Protagonisten ein- und ausgehen. Hier wird niemand aufgrund psychischer Probleme zur Witzfigur gemacht. Man spürt, wie die Patienten von ihren Therapeuten genau so ernst genommen werden, wie von den Autorinnen und Autoren der Show. Hinzu kommen absolut seriöse Unterredungen unter Freunden, Kollegen, rührende Vater-Tochter-Momente, aber eben auch herrlich witzige bis alberne Situationen, die gut zu den jeweiligen Charakteren passen.

Harrison Ford ist zuständig für die staubtrockenen Kommentare, und der alte Mann, der mit modernen Gebräuchen und Redewendungen nicht mehr mithalten kann oder will. Jessica Williams gibt alles, um ihre Gabrielle sämtlichen überbordenden Anforderungen an die moderne Frau von heute gerecht werden zu lassen, und zeigt uns dabei, dass es überhaupt keine Schande ist, hier und da auch einmal Unvollkommenheit zu präsentieren. Jason Segel amüsiert durch Jimmys unerschütterliche Gutmütigkeit, mit der er häufiger übers Ziel hinausschießt. Umso mehr zuckt man innerlich zusammen, wenn auch Jimmy einmal ganz selten richtig der Kragen platzt.

Das alles ergibt eine Gesamtkonstellation, die manchmal wirklich zum Brüllen komisch ist, bis hin zu einem Grad der Albernheit, der einen beinahe schon zu starken Kontrast zu den erwähnten ernsteren Problemen bildet. Meistens aber zum Glück nur beinahe. In den meisten anderen Fällen halten Tragik und Humor sich wunderbar die Waage, gleichen einander aus und sorgen dafür, dass das Publikum am Ball bleiben will. Hier explodiert zwar nichts und man sieht keine Verfolgungsjagden, dafür aber sehr echt wirkende Menschen mit alltäglichen, gelegentlich vielleicht dezent überspitzten Problemen, die sie (manchmal auch erst nach ein paar Fehlversuchen) auf wunderbare Art miteinander zu lösen versuchen. 

"Shrinking" kann Lust darauf machen, eigene Konflikte anzugehen und zu beseitigen, ob mit oder ohne therapeutische Hilfe. Auf jeden Fall macht die Serie viel Lust auf weitere Folgen. Die 12 Episoden der zweiten Staffel laufen ab sofort immer mittwochs auf Apple TV+.  

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