"Dem Klima sind wir egal" - Emotionaler Monolog legt Finger in die Wunde

16.03.2025

In einer Auftragsarbeit für das Theater Koblenz hat Autor und Regisseur Stefan Wipplinger Ensemble-Mitglied Marcel Hoffmann ein Stück geradezu auf den Leib geschrieben, das nach seiner Premierensaison 2022 wieder ins Programm der aktuellen Spielzeit aufgenommen wurde. An Aktualität hat der Stoff seither noch deutlich gewonnen.  

Fred Follmer ist Meteorologe mit Leib und Seele. So sehr er allerdings seinen Beruf liebt, so sehr hasst er manchmal seinen Job als Fernsehmoderator. In maximal 90 Sekunden darf er seinem Publikum erzählen, ob man morgen im T-Shirt raus kann oder lieber einen Regenschirm mitnehmen sollte. Für den Bildungsauftrag in Bezug auf Klimawandel und dessen Folgen für uns alle steht hingegen nach Meinung seines Programmdirektors keine Sendezeit zur Verfügung. Zudem soll die Zuschauerschaft nicht überfordert werden mit Dingen, von denen sie womöglich nichts hören möchte.

Hoffmann ist über rund 80 Minuten der einzige Akteur auf der Bühne an diesem Abend. Dennoch lässt er außer dem Meteorologen Follmer noch weitere Charaktere zu Wort kommen, durch indirekte Rede oder indem er kurzfristig in deren Rollen schlüpft – einfache blitzartige Kostümwechsel inbegriffen. Die Vorstellung bleibt so kurzweilig wie ergreifend, weil Follmer die ganze Bandbreite an Emotionen zur Schau stellen darf, munter die Positionen auf der Bühne wechselt, mehrfach auch mitten durchs Publikum schlendert, dabei ausgewählte Anwesende anspielt.

In einem Moment zeigt er eindrucksvoll, was er seinem Vorgesetzten manchmal am liebsten ins Gesicht schreien würde, dann nimmt der Wettermann behutsam einen von der Decke hängenden Globus in die Arme, und nutzt diesen voller bezeichnender Symbolik dafür, um davon zu erzählen, wie er seiner Tochter schon als Säugling begeistert von Wetterphänomenen vorschwärmte. So kommt zu keiner Zeit Langeweile auf – allenfalls Entsetzen über die zutreffende Beschreibung des Ist-Zustandes.

Der Wetterforscher erklärt, wie viel Wissenschaft und Qualifikationen hinter der Arbeit seiner Zunft stecken, wie groß der Einfluss der Menschheit auf den Klimawandel ist, wie lange wir eigentlich schon wissen, dass dringender Handlungsbedarf besteht. Alle dargelegten Fakten sind dabei gut und gründlich recherchiert. Und er beklagt auf betroffen machende Weise, in welche Lage wir durch Untätigkeit die Generation seiner Tochter gebracht haben, die schon seit Jahren das Gefühl hat, freitags nicht mehr zur Schule gehen zu können, weil sie stattdessen für unser aller Zukunft und den Erhalt des Planeten demonstrieren muss.

Im Anschluss an eine mitreißende Darbietung wird deutlich, wie fließend die Grenzen zwischen Spiel und Realität sind. An der Seite von Chefdramaturgin Juliane Wulfgramm kehrt Hoffmann in Zivil auf die Bühne zurück, beantwortet ausgiebig Fragen des interessierten Publikums zum Thema und stößt eine gemeinschaftliche Diskussion an, im Rahmen derer alle Teilnehmenden zum Ausdruck bringen können, welchen Einfluss der Klimawandel auf ihr Leben hat, welche Bestandteile des Stücks sie besonders angesprochen haben. Die Beteiligung ist ähnlich rege wie kurz zuvor der begeisterte, anhaltende Applaus.

"Und jetzt das Wetter" läuft noch am 16., 20. und 21.03.2025 jeweils in der "S/KO Schauspielschule Koblenz". Karten sind noch für alle verbleibenden Vorstellungen erhältlich.  

Marcel Hoffmann studierte Geophysik an der Universität zu Köln, bevor er sich für ein Schauspielstudium entschied. Neben seiner Arbeit im Ensemble des Theaters Koblenz ist er unter anderem Mitglied im Organisationsteam des Klimabündnis Koblenz und Sprecher bei "Waldwende Jetzt – Mittelrhein" sowie bei "Earth Hour Koblenz".  

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