"Fleabag für Senioren" - Neue Mini-Serie mit Engelke und Pastewka bei Prime Video

18.08.2024

Ralf und Maria sind sich bisher noch nie im Leben bewusst begegnet - obwohl beide in Marburg aufgewachsen sind, dort leben und arbeiten. Wie knapp sie einander dabei gerade in jüngster Zeit immer wieder verpassen, ist besonders bitter, weil die beiden das Zeug zum perfekten Pärchen hätten...

So ist die alles beherrschende Frage in der neuen achtteiligen Show wohl nicht ob, sondern wann das Schicksal endlich zuschlägt und die beiden vereint. Anke Engelke und Bastian Pastewka sind ein eingespieltes Team in der deutschen Comedy-Szene. Von ihrer gemeinsamen Zeit in der Sat.1 Wochenshow Mitte der 1990er Jahre über das Volksmusik-Duo Wolfgang und Anneliese bis hin zu ihren höchst kuriosen musikalischen Nummern als Gäste bei "Last One Laughing" brachten sie über die letzten rund 30 Jahre immer wieder jede Menge Spaß in deutsche Wohnzimmer. "Perfekt verpasst" ist eines ihrer umfangreichsten gemeinsamen Projekte, an dem sie nicht nur als Hauptdarsteller, sondern auch als Produzenten beteiligt sind.

Fans sollten ausdrücklich keine Sketchparade erwarten – denn was ein vierköpfiges Autorenteam für die bildundtonfabrik geschrieben hat, ist eine handfeste, durchdachte und für eine Kleinstadt als Schauplatz ganz schön komplexe und verschachtelte Story, in der eigentlich jeder jeden kennt – bis auf zwei Personen, den Betreiber des örtlichen Sportgeschäfts und die Inhaberin einer kleinen Buchhandlung. Der eine frisch geschieden und deprimiert, die andere hat als Dauersingle eine Affäre, die sie aber nicht wirklich glücklich macht.

Wenn Maria und Ralf Kontakt miteinander haben, dann nur auf ebenso indirekte wie unorthodoxe Weise. Einstweilen können wir uns dafür umso besser darauf konzentrieren, die beiden und ihr jeweiliges persönliches Umfeld ganz in Ruhe kennenzulernen. Dabei schlagen wir wiederholt die Hände über dem Kopf zusammen, wenn sie sich wieder einmal buchstäblich um Haaresbreite verpassen.

Sowohl Marburg als auch der Cast werden bevölkert mit Ex-Frauen, Töchtern, Vätern, Mitarbeitern, Freundinnen und Freunden, die allerdings nur teilweise eine Persönlichkeit oder erwähnenswerte Hintergrundgeschichte spendiert bekommen. Wenn auch alle eine ausreichende bis ordentliche schauspielerische Leistung anbieten, scheinen einige von ihnen in erster Linie als reine Anspielpartner für Ralf oder Maria zu fungieren. Bezeichnend, dass so gut wie nie mal eine Interaktion der Nebenfiguren ohne direkte Beteiligung der beiden stattfindet. Die Show ist eben ganz auf Engelke und Pastewka ausgerichtet, und hat in nur acht Folgen keine Zeit zu verlieren.

Ein Hauch von "E-Mail für dich" weht durch Marburg, wenn Buchhändlerin Maria rätselt, wer hinter ihrem neuen "Un-Bekannten" steckt. Und manche Folgen erinnern sowohl vom Plot als auch vom absurden Humor her leicht an Phoebe Waller-Bridges "Fleabag" für Senioren, um einen ebenso augenzwinkernden wie respektvollen Vergleich zu bemühen. Man denke nur an den Besuch eines stark esoterisch angehauchten Wellness-Centers. Das führt mehrfach zum unterschwelligen Eindruck, eine ähnliche Geschichte schon einmal irgendwo gesehen zu haben, spricht jedoch zugleich auch für recht hohe Qualität.

Eigentlich ist "Perfekt verpasst" eine Dramedy-Serie, wie sie sein soll. Bis auf eine Ausnahme gegen Ende spielt niemand im Ensemble den Clown, sondern alle Akteure legen seriöses und nachvollziehbares Verhalten an den Tag, was der schön erdachten Alltagskomik zugute kommt und ihre Wirkung noch verstärkt. Für Sorgen, Ängste und starke Gefühle aller Art ist dabei genügend Platz, während es nie wirklich düster oder aussichtslos wird – der Grundton bleibt freundlich und positiv.

Bei allem Realismusgedanken wirken gewisse Begebenheiten schon reichlich unwahrscheinlich und deswegen leider etwas erzwungen. Selbst wenn, wie man so sagt, das Leben die besten Geschichten schreibt, runzelt man hier und da vielleicht doch etwas irritiert die Stirn ob der geradezu irren Zufälle, mit denen Maria und Ralf mittelbar gegenseitig ihr Leben beeinflussen. Andererseits ist es diese ganz spezielle Art des Butterfly-Effect, die zum großen Teil den Reiz an ihrer ungewöhnlichen Verbindung ausmacht.

Ganz im Stile von "Game of Thrones" ist die vorletzte Folge die inhaltlich aufsehenerregendste der Reihe. Sowohl das Pacing der einzelnen Episoden als auch der ganzen Show fühlt sich gut an, und Engelke wie Pastewka beweisen, dass sie ihre unvergleichlichen funny bones voll zur Geltung bringen, aber auch im Zaum halten können, wenn dies angebracht ist. Wenn ihre neue Show vielleicht auch nicht ganz perfekt ist, kommt sie doch nah dran, weswegen es schade wäre, sie zu verpassen.  

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